Dienstag, 31. Mai 2011

Kirschkarneval

Ich habe den Kirschbaum verkleidet.
Als Scheusal.
Er sieht jetzt aus wie ein Mahnmal gegen die Vermüllung und die Überfischung der Weltmeere in einem.


Das war eigentlich das, was ich mir immer geschworen hatte, nicht zu tun.
Schließlich ist der kleine Baum der Mittelpunkt meines Kleinstgartens und also solcher sehr prominent von überall sichtbar. Und wer die Hauptrolle spielt, der sollte nicht am schlechtesten angezogen sein.

Wenn ich ihn aber nicht einnetze, verschwindet die gesamte Kirschenernte in den Amseln. Bevor sie rot ist.
Also besser ein paar Wochen einen Schandfleck im Garten, als gar keine roten Früchtchen. Die schmecken wirklich gut. Finden die Amseln auch.

Dabei wollte ich doch so gerne ohne das filigrane Machwerk aus Plastik auskommen.
Die Meisenbabies auch, die so gern in den Ästen auf Futter warten.


Also habe ich zunächst auf die abschreckende Wirkung einer Silberscheibe gesetzt, die man bis vor einigen Jahren ständig ungefragt im Briefkasten hatte, um auch außerhalb von Amerika jeden zu vernetzen. AOL gibt es nun nicht mehr. Was uns geblieben ist, ist ein Film mit Meg Ryan. Und mehrere unnütze CDs.
Meine hing nun mitten im Kirschbaum, baumelte lustig vor sich hin und war noch einigermaßen dezent. Im Dunkeln.
Die Amseln jedoch interessierte sie sowieso nicht die Bohne. Und weg waren die Kirschen.


Dann bekam ich das grüne Netz geschenkt. Dummerweise hatte der Schenkende wohl gerade anderes im Kopf, denn es war ein Netz für Obststräucher - elend lang und als Schleppe zu tragen, anstatt groß und quadratisch, um es einmal über den Baum zu werfen.
Daher also die rustikale Wäscheklammerntechnik. Wegschmeißen wäre ja auch nicht die feine Art gewesen.

Früher wäre so etwas nicht möglich gewesen, einen ganzen Süßkirschenbaum mit einem mickrigen Netz vollständig zu verhüllen. Süßkirschen waren mächtige Obstbäume, die man sich tunlichst nicht in den Reihenhausgarten pflanzte, wenn man noch die Sonne sehen wollte und in Frieden mit den Nachbarn leben.

 
Dafür waren diese Bäume aber auch so groß, dass ein einzelnes Amselpärchen sie nicht hätte kahlfressen können. Dazu bedurfte es schon eines mittelprächtigen Starenschwarms mit großem Hunger. Was eine Tautologie ist.
Die Zeiten sind vorbei. Dank moderner Veredelungstechniken bekommt man mittlerweile kleinbleibende Bäume auf der schwachwachsenden Unterlage GiSelA 5 (Giessener Selektion für Avium Nr. 5).


Nun könnte sich jeder Reihenhausgarten eine Süßkirsche gönnen. Tut er aber nicht, das wäre zu einfach. Und so ist meine Gisela die einzige weit und breit. Ohne Bestäuber in der Nähe muss es also eine selbstfruchtbare Sorte sein. Wir haben uns für die Celeste entschieden.
Da der Baum so allein auf weiter Flur ist, ist er eben auch ein echter Insidertipp bei den Amseln.

Aber damit ist Dank des grünen Netzwerks jetzt Schluss. Die Kirschen gehören mir.
Der zerstörte Ausblick auch.

Noch günstiger ist die Gardinenvariante, falls man noch ein größeres Exemplar auf dem Dachboden oder sonstwo auftreiben kann. Falls sie zu schwer ist, sollte man sie dem Baum zuliebe zusätzlich mit Stangen abstützen.
Gewinnt aber auch keinen Schönheitspreis, höchstens die Recyclingmedaille.


Also freue ich mich gleich doppelt auf den Tag, an dem meine Gisela feierlich enthüllt wird.
Denn dann gibt es süße Kirschen und endlich wieder einen richtigen Baum im Garten ohne Zusatzstoffe.

9 Kommentare:

  1. ich habe letztens gelesen, dass man einen starennistkasten im kirschbaum aufhängen soll...der star frist zwar auch ein paar kirschen, hält aber dafür alle anderen vögel fern, weil er sein revier verteidigt...aber ich denke, dafür ist dein baum noch zu klein...lg aus leipzig

    AntwortenLöschen
  2. Bei uns erübrigt sich die Frage, ob ein Vogelfraßschutz nötig ist. Zum einen ist unser (Hochstamm) Kirschbaum so groß, dass ich einen Kran brauche, um ihn zu verpacken und zum anderen sind bei einem Nachtfrost die meisten Blüten erfroren, so dass es dieses Jahr wohl keine Kirschen gibt.
    Dafür hatten wir letztes Jahr so reichlich Kirschen, dass sie für uns, die Nachbarn und auch die Vögel reichten.
    Ich drücke die Daumen, dass es eine leckere Ernte wird
    GlG Bernstein

    AntwortenLöschen
  3. Hab grade überlegt, ob das Netz mit einer anderen Farbe besser aussehen würde, aber diese hier ist wahrscheinlich wirklich die schlimmstmögliche, aber das hält man sicher aus, wenn süße Kirschen als Trost winken.Und Hagel kann auch nichts mehr anrichten!!!
    Sieht hübsch aus, dein Bäumchen!

    AntwortenLöschen
  4. Ja liebe Elke, hast schon recht, sooooo toll sieht der vernetzte Baum nun doch nicht aus ... aber lass deine Gedanken einfach um die süssen Früchtchen schweifen. Die werden dir vielleicht den Anblick bis sie denn soweit sind ein wenig erträglicher erscheinen lassen.
    Dein Bericht auf jeden Fall wieder genial ... und bei uns in der Gegend gibts noch gaaaanz viele Hochstammbäume - aber sie sind auch reduziert worden, werden aber seit ein paar Jahren wieder vermehrt angepflanzt, ist nicht nur wegen den süssen Früchtchen sondern auch wegen dem Landschaftsbild.
    Hab einen schönen Abend
    Liebe Grüsse
    Ida

    AntwortenLöschen
  5. Unser Nachbar hat so ein Modell "riesig" im Garten. Da fallen die Stare in Scharen ein. Und ich kann in der Kirschzeit nicht barfuß im Garten laufen, denn wer je (in vollem Galopp) einen Kieschkern zwischen Ferse und Gehwegplatte hatte, der weiß, wie man am helligten Tag Sterne sehen kannn :o)

    GlG jane

    AntwortenLöschen
  6. Wünsche Dir viel Glück, liebe Elke, mit dem Netz. Denn bei mir auf dem Balkon haben es die Amseln geschafft, durch das Netz hindurch die leckeren Blaubeeren zu ergattern. Okay, es stand unglücklicherweise ein Balkongeländer daneben, auf dem sich Amsel gemütlich niederlassen konnte. Ich geb's zu, das war meinerseits nicht vollends durchdacht *grins*.
    Liebe Grüsse
    Alex

    AntwortenLöschen
  7. Hallo Elke.
    Hoffentlich erntest du noch ein paar Kirschen.
    Der Baum sieht hübsch aus in dem Buxbaumkranz.
    Wünsche dir noch einen schönen Tag,und liebe GRüße Jana.

    AntwortenLöschen
  8. Es ist ja nur für ein paar Wochen, halb so wild ;-). Wir bedecken im Herbst den Teich wegem dem Laub mit so einem Netz, deshalb gibts von manchen Gartenteilen keine Herbstfotos.
    Viel Freude mit den Kirschen, die sind ja hart verdient.
    LG; Katrin

    AntwortenLöschen
  9. Jja vor dem Tag grausts mir auch, wo ich wohl oder übel ein Netz aufhängen muss, um überhaupt eine Kirsche zu ernten - bei uns fliegen die Stare in Scharen ran, wenige Minuten später ist der Baum leergefressen.
    Mein Bau wird allerdings gross *graus* seeehr gross....
    LG Carmen

    AntwortenLöschen

Mit der Nutzung der Kommentarfunktion erklärst Du Dich mit der Speicherung und Verarbeitung Deiner Daten durch diese Website einverstanden.